Anonymität im Internet

Das Internet ist eine große Errungenschaft für die Demokratie. Jeder auf diesem Erdball kann mittels Internetzugang seine Meinung frei äußern. Blogs haben diese Möglichkeit noch vereinfacht. Aber wie stellen wir sicher, dass die Blogs nicht wirklich zu den „Klowänden des Internet“ werden, wie Blogs von Jean-Remy von Matt bezeichnet wurden?

Der Fall Kathy Sierra bringt gerade wieder Bewegung in diese Diskussion.

Interneteconomics fragt sich schon, ob Beiträge in Blogs durch eine Art Zensur Selbstkontrolle müssen. Über Martin Hiegl bin ich auf einen Artikel von Seth Godin aufmerksam geworden, der auch meine Meinung trifft. Anonymity hasn’t made the web a better place.

Gestern schreibt dann ein anonymer User, der sich „Simon“ nennt in einem Kommentar zu meinem Artikel sinngemäß, dass Anonymität ja wichtig sei, sonst hätten wir keine Demokratie. Wie bitte? Seit wann ist Anonymität mit Demokratie gleichzusetzen?

Ich bin gegen Einschränkungen im Internet. Ich finde es schön, dass man einfach und ohne Anmeldung Kommentare in Blogs schreiben kann. Wenn man sich aber die Kommentare so anschaut, dann sind es oft die anonymen Einträge, die wenig qualifiziert oder gar beleidigend sind.

Ich habe keine Lösung. Aber ich denke die Blogosphäre braucht eine Lösung, wenn die Blogs nicht wirklich zu den „Klowänden des Internet“ werden sollen.

18 thoughts on “Anonymität im Internet”

  1. Ich denke die Blogosphäre spielt ihre Stärken gerade im Verzicht auf jegliche Form von Zensur aus. Wie verschiedentlich gelesen, wurde der Fall Sierra auch ein wenig zu hoch gekocht. Außerdem bin ich der Meinung, dass die Blogosphäre auch in diesem Fall regulierend eingreift, sei es z.B. durch die Vielzahl von Solidaritätsbekundungen, die die (kleinere) anonyme Masse doch sehr stark isolieren sollte.
    Außerdem: Demokratie findet auch häufig in Zeiten der Zensur seinen Weg, auch wenn Meinungsäußerungen dann gefährlich sind!

  2. Ich denke, dass jeder für sich selbst entscheiden muss, wie er mit anonymen Beschimpfungen umgeht. Das Problem ist sicher, dass man zumindest ehrabschneidende Sachen nicht immer stehen lassen kann, außer sie sind – wie in vielen einschlägigen deutschen Fällen – so übertrieben, dass sie eher nutzen als schaden.

    Wer anonym Kritik übt, muss m.E. daimt rechnen, dass er entweder gelöscht oder ignoriert wird. Wer zu seiner Kritik und seiner Meinung nicht mit seinem Namen stehen kann, hat nichts zu sagen, was ich des Überlegens wert fände. Das sind einfach nur Spinner mit Profilneurose.

    Nichts gegen Anonymität – gerade für Frauen ist das oft wichtig. Aber ich halte es für keinen Zufall, dass die Menge an unqualifizierten Formulierungen in einem Faden mit der Menge der anonymen Kommentare synchron läuft.

    Dass Anonymität eine Grundlage von Demokratie sei, ist nicht nur absurd sondern genau das Gegenteil dessen, was m.E. stimmt – anonyme Quellen und Behauptungen sind genau der Stoff, der Terrorregimes und Schreckensherrschaften als Legitimation dient.

  3. Dieser „Simon“ schrieb: „Ich muss keinen Namen haben, um eine Stimme zu haben… sonst hätten wir keine Demokratie.“
    Damit setzt er nicht Demokratie mit Anonymität gleich! Er verweist wahrscheinlich auf das Prinzip der freien und geheimen Wahlen, die in der Tat eine Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie sind.

    Bei Meinungsäußerungen sehe ich das persönlich anders. Dieser „Simon“ könnte ja nicht nur, Zitat: „… Ihre Frau sein, die Ihrem Mann mal die Meinung sagen will, ich könnte ein Gründer der Startups sein, die Sie gerade finanzieren, ich könnte Franz Beckenbauer sein…“ Nein, er könnte auch ein Stalker oder ein Erpresser oder ein feiger Konkurrent sein.

    Daher meine ich: ein einzelner anonymer Zwischenrufer hat keine Stimme. Im Gegensatz zu vielen verschiedenen anonymen Wählern, die sehr wohl eine Stimme haben (bei einer demokratischen Wahl ist es gewährleistet, dass jeder nur einen Stimmzettel abgeben kann).

    Leider ist das alles nicht so einfach: die Blogosphäre achtet sehr darauf, wie man mit einzelnen, auch anonymen Beiträgen umgeht. Das hat was mit menschlichem Umgang zu tun, mit Respekt, auch mit „PR 2.0“. Hier beginnt das Dilemma: einerseits ist es gut, wie Sie, Herr Kunath, mit „Simon“ umgehen. Andererseits verschaffen Sie ihm damit eine gewisse Popularität. Wenn Sie es geschickt anstellen, können Sie diese Popularität für sich nutzen – und „Simon“ möglicherweise damit herausfordern. Spätestens dann wird sich „Simon“ ärgern, nicht wirklich eine Stimme zu haben…

  4. Es ist in jedem Fall immer Möglich, „irgendwie“ anonym im Internet Inhalte zu verbreiten – man kann es vielleicht erschweren, aber niemals verhindern. Daher ist es tatsächlich sehr viel wichtiger, sich über den Umgang mit solchen anonymen Behauptungen Gedanken zu machen – der Ruf nach einer irgendwie gearteten Zensur hat also keinen Sinn. Man kann das sicher in seinem eigenem Blog tun, aber damit verlagert man das Problem auch nur auf Nebenschauplätze

    In den meisten Fällen ist es in meinen Augen das sinnvollste, anonyme Dinge zu ignorieren. Jemand, der es nötig hat, sich hinter Pseudonymen zu verstecken, um Beschimpfungen oder Lügen loszuwerden ist feige – ihn dadurch mit Aufmerksamkeit zu „belohnen“ geht nach hinten los. Interessanter wird es doch erst, wenn es häufiger oder auffälliger wird. Sei es, dass andere Blogger die Behauptungen aufgreifen, sei es, weil der Troll zu hartnäckig ist.

    Wie man dann allerdings weiter verfährt, entbehrt einem Patentrezept. Nicht umsonst gibt es ganze Firmenzweige, die sich auf Krisenkommunikation und ähnliches spezialisiert haben – eben weil Reaktion auf „negative Presse“ nicht einfach ist.

  5. Sehr geehrter Herr Kunath,

    ich habe Sie nicht beleidigt. Der Versuch einer Diffamierung des Gegners zur Abwehr der Kritik ist natürlich eine oft gewählte Strategie, läuft aber in meinem Falle ins Leere.

    Ihren Kommentar

    „Dass Anonymität eine Grundlage von Demokratie sei, ist nicht nur absurd sondern genau das Gegenteil dessen, was m.E. stimmt – anonyme Quellen und Behauptungen sind genau der Stoff, der Terrorregimes und Schreckensherrschaften als Legitimation dient.“

    kann ich in keiner Weise nachvollziehen. Kennen Sie sich ein bisschen mit dem Grundgesetz aus? Art. 38 (1) -> Wahlrechtsgrundsätze;…] „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt“. Die Geheimhaltung entspricht auch einem Anonymitätsgedanken.

    Es stimmt dass Anonymität auch Quell von Terrorregimen ist, allerdings ist eine so stark verallgemeinernde Aussage wie die Ihre stark zu bezweifeln… Oder sind Sie der Auffassung, dass es keine geheimen Wahlen geben sollte? Keinen Informantenschutz? Kein Schweigepflicht von Ärzten, Rechtsanwälten, usw. Vielleicht sehen Sie das nicht unter dem Anonymitätsgedanken, vielleicht haben wir nur eine unterschiedliche Ansicht von Begrifflichkeiten.

    Letzten Endes verstehe ich aber nicht, warum Sie so ein Problem mit der Anonymität verschiedener Leute haben. Vielleicht deshalb, weil Sie mögliche Kritik nicht mit Gegenangriffen parieren können, wenn Sie die Schwächen des Gegners nicht ausmachen können?

    Kommentieren Sie eigentlich auch noch meine Aussage bezgl. möglicher Quellen von Geschäftsideen?

    PS: Bitte keine Vergleiche mit irgendwelchen sanitären Anlagen. Ich bin nicht einer dieser Blogger, die zu Hause den ganzen Tag nichts anderes tun, um Kommentare zu schreiben. Ich bin aus genau dem gleichen Arbeitsumfeld wie Sie.

    Beste Grüße

  6. @Simon:

    Der Kommentar, auf den Sie sich beziehen, ist nicht von mir. Sie können den Urheber über dem jeweiligen Kommentar erkennen. Bitte stellen Sie deshalb die Fragen an den Verfasser des Kommentars.

    Zum Thema Anonymität und Demokratie finde ich den Kommentar von Peter Claus Lamprecht sehr gelungen.

    Ich bin der Auffassung, dass jeder der seine Meinung äußert, auch seine Identität preisgeben sollte. Stehen Sie nicht zu dem was Sie sagen oder haben Angst, dass es irgendwann einmal nachteilig für Sie sein könnte?

    Zu Ihrer Frage ob ich eine Ihrer Aussagen kommentiere, nein tue ich nicht so lange Sie anonym schreiben.

  7. Ja da haben Sie recht, das war ein kleiner Scrollfehler.

    Ich kann dann aber auch bei Ihrem Kommentar einhaken:

    „Gestern schreibt dann ein anonymer User, der sich “Simon” nennt in einem Kommentar zu meinem Artikel sinngemäß, dass Anonymität ja wichtig sei, sonst hätten wir keine Demokratie. Wie bitte?“

    Ihre „sinngemäße“ Interpretation ist ein bisschen ungenau. Ich habe wortwörtlich gesagt: „Ich muss keinen Namen haben, um eine Stimme zu haben… sonst hätten wir keine Demokratie.“ Als Analogie zur Anonymitätsfrage… Aber wie dem auch sei. Sie haben eine bisschen unentspannte Einstellung zur freien Meinungsäußerung. Sie können sich gerne hinter Ihrer Einstellung und Ihren versuchten persönlichen Abwertungen meiner Person oder meiner Anonymität verschanzen, allerdings ändert das nichts an der Tatsache, dass Sie bei einer Diskussion Ihrer Vergangenheit einfach nur verlieren können. Aus PR-Sicht auf jeden Fall.

    Beste Grüße

  8. „Simon“, Jens ist also dein „Gegner“? *lach* Wegen Kommentatoren wie dir, hab ich in meinem Blog die Regel eingeführt, dass ausschließlich mit vollem Namen kommentiert werden darf. Volker Weber hat mich in diesem Punkt voll überzeugt. Wer nicht mit seinem Namen hinter seiner Meinung steht, dessen Meinung ist in meinen Augen wertlos.

  9. Duzen wir uns? Schon mal etwas von dem Wort „Diskussionsgegner“ gehört?

    Aber Herr Kunath hat mit seiner Diskussion über die ach so schlimme Anonymität gut vom eigentlichen Thema abgelenkt. Übrigens frage ich mich, wenn im Stern Artikel ganz viele unwahre Sachen über ihn stehen, warum er dessen weitere Veröffentlichung im Internet nie verhindert hat und nie dagegen vorgegangen ist… Merkwürdig, oder?

    Ihre Meinung bezüglich Wertigkeit von Argumenten kann ich nicht teilen, die Argumente an sich sollten zählen. Jedenfalls in einer normalen Diskussion.

  10. Lieber Jens Kunath,

    obwohl ich Ihren Blog gern lese, haben Sie mich heute leider völlig falsch zitiert. Ich habe mit keinem Wort meines Beitrages von Zensur gesprochen und habe dies auch nicht als Lösung empfohlen. Zensur ist nicht das geeignet Mittel um gesellschaftliche und wirtschaftliche Freiheit zu gewähren.

    Um Ihnen etwas auf die Sprünge zu helfen: meine Sicht ist ordnungspolitisch geprägt. Die Freiheit des einen kann die Freiheit des anderen eingrenzen.

    Es ist doch kein Zweifel, dass Bloggen einem viel weiteren Personenkreis die Möglichkeit eröffnet, die eigene Meinung kundzutun. Diese Personen brauchen klare Empfehlungen für ethisches korrektes Bloggen. Woher soll denn das Otto-Normalblogger wissen?

    Es kann sich als notwendig erweisen, daß sich Institutionen und Regeln herausbilden, um die Freiheit zu sichern. Auch Blogs können Freiheit nicht nur fördern, sondern auch bedrohen. Wir haben jetzt schon zwei Opfer: Kathy Sierra und Chris Locke, dessen Reputation durch die Verdächtigungen über Nacht im Eimer war.

    Dieser Regelbildungsprozeß muß aber nicht staatlich verordnet werden. Ich finde es bezeichnend, daß fast jedesmal Regeln mit Gesetzen gleichgesetzt werden.

    Eine verantwortungsbewußte Blogger-Szene setzt sich damit SELBST auseinander. Es gibt ja auch bspw. die Freiwllige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft…

    Die Blogosphäre muß – wenn sie sich ernsthaft gegenüber anderen Medien emanzipieren will – irgendeine Bloggerethik entwickeln.

    Mit Zensur hat das aber nichts zu tun.

  11. @ Internet Economics:

    Es tut mir leid, da habe ich mich falsch ausgedrückt. Ich meinte nicht Zensur im Sinne von staatlicher Verordnung. Zensur ist offenbar tatsächlich das falsche Wort, da Sie ja eher einen Regelungsprozess, der von den Bloggern selbst initiert wird, meinten. Ich glaube wir sind uns alle einig, dass Zensur der falsche Weg in einer Demokratie ist.

  12. @Jens Kunath
    Danke für die Richtigstellung. Nicht das der Eindruck aufkommt, ich hätte nichts anderes zu tun als mich den ganzen Tag mit solchen Themen auseinanderzusetzen.

    Ich würde auch Seth Godin zustimmen. Die Anonymität hat sich im übrigen fast von selbst verflüchtigt. Die alten Flirtbörsen waren noch anonym, die Social Networks sind schon fast so etwas wie freiwillige Datenauskünfte.

    Allerdings ist der Schritt von nicht anonymen Plattformen zum Vermummungsverbot klein. Es gibt auch Beispiele, wo nur aonyme beiträge Licht ins Dunkel bringen können…

  13. Anonymität ist zwiespältig. Die Überlegung etwas zu posten, wird ein wenig verkürzt, die Worte werden manchmal harscher oder altklüger gewählt, als gemeint. So zumindest gestern in meinem Fall.

    Habe Ihren Blog deswegen heute noch einmal aufgesucht und – siehe da – gleich das passende Thema zur Hand.

    Rückwirkend betrachtet, hätte ich Ihnen meinen letzten Kommentar wesentlich lieber privat gemailt, als in die Blog-Comments zu posten.

    So wurde mir plastisch bewußt, wie schnell ein kleiner Schnitzer passiert ist. Entschuldigen Sie bitte den schroffen Kommentar. Ich wollte nicht trollen oder Sie beleidigen. Es war ein Affekt-Posting nach einem langen Tag.

    MfG

  14. Simon, da du hier nur mit einem Vornamen auftrittst, willst du offensichtlich geduzt werden, ansonsten hättest du ja Simon XYZ oder auch XYZ Simon, falls es dein Nachnahme ist, schreiben können. So ist es in Kleinbloggersdorf auch üblich geworden sich im Blog/in den Kommentaren zu Duzen, wenn kein voller Name vorhanden ist – keine Angst, sollte ich dich mal persönlich treffen, bekommst du auch ein Sie von mir!

    Und vom eigentlichen Thema abgelenkt? Seit wann bestimmen Kommentatoren, was das Thema auf einem Blog ist? Das ist immernoch das Recht des Autors – es ist sein Blog!

    In einer „normalen“ Diskussion weiß man, mit wem man spricht, und damit haben Argumente einen Kontext und bekommen erst Bedeutung. Gibt es einen Grund, dass du versuchst hier anonym unterwegs zu sein?

  15. Wie einfach es ist eine Personensuche im Internet durchzuführen zeigt die Webseite http://www.yourtraces.com. Wenn man weiß, bei welchen Diensten persönliche Daten frei verfügbar sind und einem der Namen einer Person bekannt ist, dann ist es relativ einfach bei den Diensten gezielt zu suchen. Meine kleine Anwendung soll einen Eindruck hiervon verschaffen.

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