Nachdem ich gestern über die Erfahrungen meiner Frau bei openBC berichtet habe, möchte ich das Thema heute etwas vertiefen.
Ich starte mit einem Vergleich von OpenBC und LinkedIn und der Frage: Warum hat LinkedIn in Deutschland sich von OpenBC die Butter vom Brot nehmen lassen?
Der amerikanische Wettbewerber LinkedIn hat weltweit 9 Millionen Kunden, in Deutschland spielt die Plattform aber kaum eine Rolle. Woran liegt das? Auf den ersten Blick bietet LinkedIn deutlich mehr Funktionaliäten als OpenBC. Aber das macht es auch unübersichtlich und kompliziert. Ich glaube, dass ich ein erfahrener Internetnutzer bin, denn ich bewege mich seit 1995 beruflich im Internet. Aber ich wußte oft nicht, auf welche Buttons ich jetzt eigentlich klicken musste. Was ich an OpenBC so schätze, ist die klare Struktur, die es jedermann leicht macht sich zurechtzufinden. Jede zusätzliche Funktion macht das Angebot komplizierter und es muss wohl überlegt sein, welche neuen Features man noch einbaut. Auf den zweiten Blick wird aber schnell klar, warum openBC viel erfolgreicher ist. Zum einen wird der Service in den einzelnen Landessprachen angeboten, bei LinkedIn gibt es keine deutsche Übersetzung. Viel wichtiger ist aber, dass ich mich bei OpenBC auch als Nicht-Premium-Mitglied ersteinmal frei bewegen kann und mir mein Network aufbauen kann. Natürlich mit Einschränkungen. Bei LinkedIn hingegen kann ich noch nicht einmal das volle Profil der User sehen oder mich mit gefunden Freunden verbinden, sondern werde gleich zur Kasse gebeten. Und zwar richtig. Die günstigste Version der Mitgliedschaft kostet US$19,95 pro Monat, um die Plattform richtig nutzen zu können, muss ich aber US$50 oder gar US$200 pro Monat investieren. Und das bevor ich so richtig erkennen konnte, was mir die Plattform bringt. Da hat openBC das deutlich bessere System. 5€ im Monat kann jeder investieren, der im Berufsleben steht. Auch wenn OpenBC irgendwann die Preise erhöhen sollte, wird es funktionieren. Denn dann haben sich die User an OpenBC gewöhnt und möchten es nicht mehr missen.
Welche Kriterien sind also ausschlaggebend dafür, dass openBC die Nase gegenüber LinkedIn in Deutschland vorn hat?
– Usability. Einfache, intuitiv zu bedienende Oberfläche
– deutsche Ansprache des Kunden
– deutsches Management (kann besser auf den regionalen Markt eingehen, als Manager aus den USA)
– sinnvolle Nutzung auch ohne Premium-Mitgliedschaft möglich
– Premium-Mitgliedschaft kann sich jedes Mitglied leisten
Damit zeigt sich wieder einmal, dass die „alten Weisheiten“ immer noch Bestand haben. Auch Ende der 90er Jahre glaubten die amerikanischen Unternehmen aus den USA gesteuert, den deutschen Markt bearbeiten zu können. Außer Google ist mir kein Beispiel bekannt, wo das funktioniert hat. Wenn man sich die Versuche von AOL, Yahoo, match.com und vielen anderen anschaut, zeigt sich, dass lokale Marktkenntnis und vor allem eigenständig entscheidungsbefugtes Management für einen Erfolg in Deutschland unerläßlich sind.
Eine interessante Betrachtung, die ich gestern hier gefunden habe, möchte ich noch aufgreifen. Nämlich ob es bei Communities Lebenszyklen gibt, d.h. ob die User irgendwann zur nächsten Community weiterziehen.
Wenn man sich die letzten Jahre anschaut, so kann man den Eindruck haben. Welche der großen Communities von Ende der 90er Jahre existiert noch oder hat die führende Marktstellung erhalten? friendscout ist noch relativ weit vorn dabei. Aber die meisten Angebote sind vom Markt verschwunden, natürlich auch aufgrund der mangelnden Finanzierung nach dem Platzen der Blase.
Ich denke aber, dass man Singlebörsen oder die früheren Foren nicht mit den Social Network Plattformen der heutigen Tage vergleichen kann. Singles melden sich natürlich bei verschiedenen Anbietern an, um die Flirt-Chancen zu erhöhen. Und sobald eine Plattform mehr Werbung macht als die andere oder neue Funktionen bietet, ziehen die Flirtinteressierten weiter. Der Aufwand sein Profil bei einer Singlebörse einzurichten ist relativ gering. Ich muss mir kein Netzwerk aufbauen, sondern ich möchte ja nur mit Leuten in Kontakt kommen, die mich interessieren und nicht die Leute in mein Netzwerk aufnehmen, die ich kenne. Das könnte ja sogar kontraproduktiv sein (ich hoffe ich schätze das richtig ein, denn der Zielgruppe gehöre ich seit einigen Jahren nicht mehr an). Bei einer Plattform wie openBC verhält es sich dagegen völlig anders. In meinem Fall habe ich ein Netzwerk von derzeit 438 Personen eingerichtet. Das hat Arbeit gemacht, geschätzte 38 Stunden – wahrscheinlich sogar noch mehr. Ich werde mir also sehr genau überlegen, ob ich zum nächsten Anbieter gehe, nur weil der vielleicht gerade hip ist oder viel Werbung macht. So wie mir wird es vielen anderen Menschen auch gehen. Solange openBC auf der Höhe der technischen Entwicklungen bleibt und keine Fehler (z.B. Verletzung Datenschutz oder Sicherheitsprobleme) macht, wird die Masse der Nutzer bei OpenBC bleiben. Denn jedes Mitglied hat einen beträchtlichen Zeitaufwand betrieben. Das ist meine Meinung. Über Kommentare und auch andere Meinungen freue ich mich sehr.
Weiterführende Informationen, insbesondere zu kleineren Business-Netzwerken in Deutschland finden Sie hier.
Die englische Sprache und die Unübersichtlichkeit war bei mir auch ein großer Grund, sich gegen LinkedIn und für OpenBC/ Xing zu entscheiden. Ich bin zwar der englischen Sprache „mächtig“ 😉 aber dennoch gefiel mir Xing einfach besser. Und da ich es noch nicht wirklich brauche, bin ich eben zu Xing gekommen.
Netter Vergleich von Xing und Linked.
Dasss Xing wirklich übersichtlicher ist, mag ich fast bezweifeln, gerad in der Umstellung des Designs gab es immense Probleme mit der Usability..
Was andere Portale angelangt, die in den 90er Jahren entstanden sind:
Friendscout z.B. ist eigentlich nur soweit vorne am Markt,
weil man sich dort nicht mehr abmelden kann.
Reine Börsen wie Singleplattform oder nur einem kleinen Bereich zugeordnet sind mittlerweile out. Man will mehr (siehe myspace und Co.)
Hier einige Gedanken zu LinkedIn, wie in einem Thread auf XING von mir angemerkt (diese Punkte beziehen sich bereits konkret auf den Unterschied zwischen XING und LinkedIN):
– das Sammeln von Kontakten als sportliche Betätigung wird eingeschränkt bzw. muss finanziell teuer erkauft werden
– User A kann für User B eine Empfehlung „aussprechen“, die auf der Profilseite von User B erscheint. Alle weiteren User, die auf die Seite von User B kommen, erhalten somit ein zusätzliches Qualitätsmerkmal über User B – soetwas habe ich in dieser Form bislang bei XING vermisst
– das Thema „Jobs“ hat einen hohen Integrationsgrad. Jobs sind mit dem Profil der Person verbunden, die die Jobs anbietet; Jobs werden direkt im Profil des Jabanbieters gelistet; Jobs werden in einem separaten 1st Level bereich als eigener Service angeboten; der Seitenbereich „Jobs“ geht mit verschiedenen Services direkt auf die Zielgruppen „ich suche einen Job“ und „ich biete einen Job und bin HR Manager / Personalberater / Unternehmen“ ein.
– „Services“ / „Service Providers“ sind ebenfalls im Unterschied zu XING als eigener Navigationsbereich ausgeprägt. Habe mich noch nicht besonders tiefgehend damit auseinandergesetzt, aber auch hier scheint interessantes Potenzial zu liegen / eine ganz eigene Interpretation eines „trusted networks“ realsiert worden zu sein.
der komplette Thread:
https://www.xing.com/app/forum?op=showarticles&id=2918475&offset=0
Beste Grüße, Markus
„Viel wichtiger ist aber, dass ich mich bei OpenBC auch als Nicht-Premium-Mitglied ersteinmal frei bewegen kann und mir mein Network aufbauen kann. Natürlich mit Einschränkungen.“
-> Ich empfinde das nicht als selbstverständlich. myCORNERS z.B. bietet die kostenpflichtigen XING-Features kostenfrei an – man kann wunderbar networken, ohne Premiumaufschläge zahlen zu müssen. http://www.mycorners.com
Grüsse, Matthias
Hallo Herr Kunath,
im Rahmen meiner Diplomarbeit bin ich auf der Suche nach Erfolgsfaktoren von auf Web 2.0 basierenden Geschäftsmodellen, u.a. auch Seiten wie xing oder LinkedIn. Danke für die eigenen Erfahrungen. Die teile ich größtenteils.
Zu LinkedIn wurde ich vor wenigen Monaten eingeladen. Ich habe innerhalb der ersten 10-15 Minuten nicht verstanden, was ich dort machen kann, sah keine Profilbilder und Namen anderer Nutzer, eher eine Barriere für mich im Vergleich zu xing.
Hallo Herr Kunath,
sie haben die Unterschiede der beiden Business Networks gut aufgezeigt, dennoch glaube ich, dass es Gründe dafür gibt, warum LinkedIn komplizierter und teurer ist als Xing oder andere Anbieter.
Möglicherweise ist gerade LinkedIn eine Plattform vor allem für die TOP Führungskräfte dieser Welt und für die sind 200 Dollar im Monat, eben nur ein Bonbon, wenn es darum geht den nächsten, wenn möglich weitaus lukrativeren Job abzusahnen.
Auch das Ausmaß an Komplexität lässt darauf schließen, dass man dort sehr wohl auf Selektion aus ist. Vielleicht ist das auch nötig, damit vor allem der US amerikanische Markt sich mal wieder die Besten der Welt einverleiben kann. Dazu passt auch die Sprachbarriere, oder nicht. Natürlich sprechen viele Englisch. Doch wie? Ist doch ein guter Check, wer auf dem TOP Level mitreden kann.
Ich bin zwar kein Mitglied von LinkedIn, hätte aber trotzdem Lust den Hintergrund des Netzwerkes zu analysieren. Ich schrecke dennoch wegen der Gebühren zurück.
Um das ganze abzurunden, möchte an dieser Stelle nur anführen, dass es sehr gut möglich ist, dass alle Social Networks irgendwann vereinigt werden. Fragt sich nur, wer dann darüber wachen darf. Hoffentlich nicht wie üblich, das Machtzentrum Washington.
Stimme Matthias zu. Der Artikel ist in wichtigen Punkten imho sehr oberflächlich, um nicht zu sagen pauschalisierend.